Mein Name ist Claudia Clark und ich bin die kürzlich gewählte GOTV Koordinatorin DA von Deutschland. Um meine Erfahrung an meiner ersten regionalen EMEA Sitzung in Athen angemessen zu diskutieren, finde ich es notwendig kurz zu erklären, wer ich bin und wie ich zu meiner aktuellen Rolle kam, und somit in Athen landete. In keiner speziellen Reihenfolge identifiziere ich mich als: Eine introvertierte Person, eine Schriftstellerin, eine Historikerin, eine Feministin, eine politische Aktivistin, eine Gemeinschaftsorganisatorin, und ein in Deutschland lebender amerikanischer Expat. Politischer Aktivismus und der Sinn für Abenteuer liegen in meinen Genen. Noch bevor meine Mutter alt genug war zu wählen, meldete sie sich als Freiwillige um für Kennedys Präsidentschaftskampagne zu arbeiten. Sie war eine sehr talentierte Linguistin (Master Abschluss in Französischer Literatur), also verbrachte sie einige Zeit in Frankreich. Schlussendlich folgte sie Kennedys Ruf und schloss sich den Friedenskorps an und unterrichtete Englisch in Afrika. Ich besuchte Deutschland zum ersten Mal im Jahr 1990, direkt nach dem Berliner Mauerfall und ich habe mich sofort in Deutschland verliebt und schwor mir, dass ich eines Tages da leben werde. Dieses „eines Tages“ wurde nach der November Wahl 2016 zu einem ‘bring mich sofort aus den USA heraus‘. Während viele Leute nach Trumps Sieg auf den Strassen protestierten, plante ich meine Auswanderung und im September 2017 verliessen mein Ehemann, unsere zwei Hunde und ich alles was uns familiär war, um unser neues Leben in Deutschland zu beginnen.
Seit meinem 15. Lebensjahr bin ich eine politische Aktivistin – angefangen bei der Organisation von Protesten für das Fortpflanzungsrecht von Frauen über die Freiwilligenarbeit für Kandidierende politischer Ämter, bis hin zur Organisation von Boykotten des örtlichen Walmart. Durch meinen Aktivismus in den Vereinigten Staaten waren mir die Demokraten im Ausland bereits bekannt, sogar trat ich deren Mailinglist noch vor meiner Auswanderung aus den Vereinigten Staaten bereits bei. Direkt nachdem ich nach Deutschland zog, nahm ich an Veranstaltungen wie Protesten in Haftanstalten und Frauenmärschen teil. Wegen meiner Beteiligung wurde ich im Februar 2019 zur Get Out The Vote – Koordinatorin für Deutschland gewählt. Ich dachte mir, dass diese Position für mich eine exzellente Gelegenheit ist um in verschiedene Teile Deutschlands zu reisen, neue Menschen zu treffen, und mich für Aktivitäten, die mir wichtig sind, zu engagieren. Ich befand mich in dieser Rolle, als ich mein erstes regionales Treffen in Athen hatte.
Es war mir bewusst, dass das Akzeptieren dieser Position mich anderen Menschen und Orten in Deutschland aussetzen würde, aber der Gedanke daran, dass ich nun die Möglichkeit habe andere Menschen aus verschiedenen Ländern zu treffen und Orte ausserhalb Deutschlands zu besuchen, war ein zusätzlicher Bonus für mich. Als ich herausfand, dass ich berechtigt war, am Regionaltreffen in Athen teilzunehmen, einem Ort an dem ich noch nie war, war ich ausser mir vor Freude. Unglücklicherweise fand die Reise in weniger als einer Woche nach der Rückkehr meines Mannes und mir aus unseren Ferien in Italien statt, wo ich mir einen schlimmen Fall von Bronchitis einfing. Die Bronchitis war schlimm genug, sodass ich andauernd erschöpft war, und ich konnte kaum sprechen, weil der Husten so schlimm war. Ich wusste, dass es vermutlich ein Fehler war nach Athen zu gehen, aber zu diesem Zeitpunkt war es unmöglich eine Rückerstattung meines Fluges und Hotels zu erhalten, aus diesem Grund hatte ich das Gefühl, ich hätte sowieso keine andere Wahl als zu gehen und erhoffte mir trotzdem etwas vom Wochenende zu haben.
Der Beginn der Konferenz war für Samstag festgelegt, also plante ich am Donnerstagabend hinzufliegen, damit ich am Freitag noch Zeit habe die Stadt zu besichtigen. Mein Flug kam nach 08:00 Uhr an, also war es bereits dunkel. Am Flughafen gab ich dem Taxifahrer die Adresse meines Hotels und fragte ihn, ob er wisse wo es sich befindet. Er nickte und sagte ja. Zehn Minuten später drehte er sich zu mir um und sagte: „GPS?“, ich verstand nicht, was er anzudeuten versuchte und ignorierte ihn. Fünf Minuten später fragte er mich erneut „GPS?“ und dann erkannte ich, dass er kein Englisch sprach und als ich ihn gefragt hatte, ob er wisse wohin er gehen müsse, hatte er mich ignoriert. Ich wurde stetig frustrierter und besorgter, da es so schien, als dass er mich nicht versteht und ich wusste nicht, wie ich zu meinem Hotel komme, also begann ich ihn auf Deutsch anzuschreien. Die Ironie, ihn auf Deutsch anzuschreien, war offensichtlich nicht besonders hilfreich, aber die Leichtigkeit, mit der ich es tat, war es. Ich erinnere mich, dass ich mir dachte: „Könnte ich nur so natürlich Deutsch sprechen, wenn ich in Deutschland bin.“ Lange Rede, kurzer Sinn, nachdem der Taxifahrer zwei andere Taxifahrer stoppte, wie auch die Polizei, kam ich endlich sicher in meinem Hotel an. Es war kein idealer Weg das Wochenende zu beginnen, aber es endete okay.
Obwohl der EMEA Vorsitzende Will Bakker eine Facebook-Seite mit verschiedenen Informationen für Teilnehmende erstellt hatte, bekam ich es irgendwie hin, den Post über eine für Freitag geplante DA Besichtigungstour zu übersehen. Glücklicherweise buchte ich selbst einen Rundgang (mit Emily Frömel, der Vizepräsidentin des DA Munich Chapters). Wir sahen die „Wachablösung“ vor dem Parlament in Athen und auch einige wichtige Wahrzeichen Athens, einschliesslich einiger Stadtteile und Statuen und wir endeten auf der Akropolis. Die Aussicht auf die Stadt war unglaublich und die Sehenswürdigkeiten waren einfach nur atemberaubend. Dem Rundgang folgend hatten Emily und ich Mittagessen in einem grossartigen griechischen Restaurant. Danach schlenderten wir durch ein paar Stadtteile und bezeugten aus erster Hand die Armut in der Stadt – die schiere Anzahl bettelnder Leute und Obdachloser, die auf den Strassen schliefen, war erstaunlich und herzzerbrechend.
Obwohl die Konferenz offiziell am Samstagmorgen begann, gab es am Freitagabend noch einen Empfang in einem privaten Raum mit Blick auf die Stadt. Es war eine hervorragende Veranstaltung. Wie ironisch es auch sein mag als Community Organisatorin introvertiert zu sein, bin ich es. Ich kann mich vor eine riesige Menschenmenge stellen und ihnen dabei helfen Gerechtigkeit zu verlangen (bessere Löhne, sichere Lebenskonditionen etc.). Ehrlich gesagt hätte ich lieber einen Wurzelkanal, als mich in einem sozialen Umfeld unter unbekannte Leute zu mischen. Zusätzlich zu meiner Aufregung fühlte ich mich immer noch nicht gut und ich konnte nicht mehr als 2 bis 3 Worte sagen, ohne einen Hustenanfall zu haben. So unangenehm ich mich auch fühlte, wusste ich, dass einer der Hauptgründe für die Reise nach Athen die Erweiterung meines Horizontes war und damit ich neue Leute kennenlernen konnte. Zum Glück brachte der griechische DA Chapter Leute mit, die traditionellen griechischen Tanz unterrichteten und Emil nahm daran teil, dementsprechend war ich gezwungen neue Leute kennenzulernen. Ich traf die Vorsitzenden von den französischen, österreichischen, englischen und italienischen DA und hatte Unterhaltungen mit ihnen. Wir unterhielten uns über die Verrücktheiten, die in den USA von statten gingen, unsere Karrieren (Jennifer, aus Österreich, eine Architektin,) und die mir bevorstehenden Herausforderungen bei meiner Suche nach einem Verleger für mein Buch. Wir tauschten Geschichten über das Leben als Expat und die Schwierigkeit Deutsch zu lernen aus. Unabhängig von meinem Unbehagen und meiner erstmaligen Zurückhaltung teilzunehmen, traf ich zum Ende des Abends ein halbes Dutzend Leute und fühlte mich wohler, als ich mir vorgestellt hatte.
Anstatt meine Flügel auszubreiten, wie ich es mir erhoffte, blieb ich am Samstag, als die Konferenz offiziell begann, nahe bei Emily und wir fanden Sitzplätze nebeneinander im Vordergrund des Raumes. Es stellte sich heraus, dass die Präsidentin der DA direkt hinter mir sass. Mit den traditionellen Eisbrecher Übungen, welche ich genau so mag wie einen Wurzelkanal, lernte ich sie kennen. Ich war mehr als nur ein bisschen eingeschüchtert, da ich sie offiziell noch nicht kennenlernte. Ich fühlte mich jedoch sehr erleichtert, als ich sah, dass sie sehr nett und bescheiden ist. Ich war sogar noch erleichterter, dass ich sie nicht vor 100 Fremden in einem Raum vorstellen musste. Nach der Einführungsübung gab Julia Bryan eine motivierende Präsentation über die Wichtigkeit unserer Stimmen aus dem Ausland – inklusive einer Zielsetzung für die Vermehrung der Mitglieder für die Wahlen im Jahr 2020. Als Deutschlands GOTV Koordinatorin war dies für mich die wertvollste Sitzung. Die Referenten diskutierten unter anderem über Themen, wie den Zeitpunkt für die Abhaltung der Präsidentschaftsvorwahlen, deren Wichtigkeit, wie man neue Wähler und Wählerinnen registriert, und wer wählen kann etc. – Das sind Informationen, die für mich in meiner neuen Rolle äusserst relevant waren.
Glücklicherweise fand ich eine Gruppe von Leuten, die wie ich ihr Mittagessen nicht vorzeitig reservierten (ich kannte gewisse, aber einige nicht) und wir gingen zusammen in ein Restaurant. Es war toll Leute aus dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und sogar aus Deutschland kennen zu lernen. Nach dem Mittagessen hatten wir Break-Out Sitzungen (eine Aktivität, mit der ich in all meinen Organisationsaktivitäten sehr vertraut war), und da Frauen bezogene Probleme für mich besonders wichtig sind, entschied ich mich dazu, am Frauentreffen teilzunehmen. In dieser Sitzung sprachen die Leiterinnen des Frauenausschusses über die Angelegenheiten, die ihnen wichtig waren – die Verabschiedung der Gleichstellungsänderung, den internationalen Frauentag im März 2020, und einem neu geformten Komitee, um den anhaltenden Angriff auf die reproduktiven Frauenrechte in den Vereinigten Staaten zu bekämpfen. Im Anschluss an die Break-Out Sitzung vertagten sich die Teilnehmer für eine Cocktail Stunde/Abendessen. In Anbetracht meiner Introvertiertheit und meiner körperlichen Erschöpfung, die nach einem Tag umgeben von 100 Leuten aufkam, entschied ich mich dazu in mein Hotel zurückzukehren, wo ich die Tagesaktivitäten reflektieren konnte, mich für den nächsten Tag sammeln konnte, und sehr nötigen Schlaf erhalten konnte.
Den letzten Sonntagvormittag verbrachten wir damit, über GOTV zu sprechen und dafür zu planen. Die verantwortliche Person fürs Studium im Ausland hielt eine Rede und machte Vorschläge/gab Richtlinien, wie man College Studenten zum Wählen animieren kann. In der letzten Break-Out Sitzung nahm ich an einer Call Hub Party 101 teil, auf welcher die Vorsitzende von DA Österreich über den Erfolg mit Call Partys sprach. Sie betonte, dass der Zweck nicht sei, viele Menschen aufzurufen, sondern sie zu schulen – sie half ihnen, ihre Probleme auszubügeln und gab ihnen das nötige Vertrauen eigene Entscheidungen nach ihren Vorstellungen zu treffen. Als GOTV Koordinatorin ist es meine Verantwortung zu versichern, dass wir möglichst viele im Ausland Lebende erreichen und dass wir sie zum Wählen motivieren können. Da es unterschiedliche im Ausland lebende Leute gibt (Studenten, Expats mit temporären Arbeitsstellen, oder Amerikaner/innen mit ausländischen Partnern), ist es wichtig, diese Leute an ihr Recht und ihre Verpflichtung zu wählen, zu erinnern. Für mich waren diese Unterhaltungen sehr pragmatisch und mit nützlichen Mitbringsel versehen, welche ich nach Deutschland zurücknehmen kann.
Unabhängig der Herausforderungen und meiner Zurückhaltung (Angst an einem neuen Ort zu sein, neue Menschen kennenzulernen, und krank zu sein) war das Wochenende eine wertvolle Erfahrung. Ich machte neue Freunde und erweiterte meinen Horizont, indem ich eine neue Stadt besuchte und neues Essen ausprobierte, und am wichtigsten, ich kam nach Hause mit konkreten Ideen wie ich der amerikanisch-demokratischen Gemeinschaft im Ausland in Deutschland persönlich helfen kann. Das war meine erste Erfahrung in einer regionalen Sitzung und aufgrund der positiven Erfahrungen, welche ich hatte, bin ich mir sicher, dass dies nicht meine Letzte war. Ich kann nur hoffen, dass ich auf diesen positiven Erfahrungen aufbauen kann und der nächsten Generation der DA Aktivisten weiterhelfen kann.
Claudia Clark ist die GOTV Koordinatorin von der DA Deutschland. Sie und hier Ehemann leben in einer kleinen Stadt ausserhalb Münchens. Sie ist eine Schriftstellerin und sucht derzeit einen Verleger für ihr erstes Buch; Mein Partner, mein Freund: Die Beziehung zwischen Präsident Obama und Kanzlerin Merkel. Wenn sie nicht am Schreiben ist, an DA Veranstaltungen teilnimmt, oder in ihrem Deutschunterricht ist, arbeitet sie als Freiwillige im lokalen Flüchtlingszentrum als Nachhilfelehrerin in English.
Recent Comments